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Gewerbeuntersagung
Bei finanziellen Engpässen wird die Zahlung von Löhnen und Gehältern oftmals als vorrangige Arbeitgeberpflicht angesehen; die außerdem abzuführenden Steuern, die Beiträge an die Sozialversicherungsträger und an die Berufsgenossenschaften können dann nicht mehr zeitgleich bzw. gar nicht entrichtet werden. Die Nichteinhaltung öffentlicher Pflichten kann für Unternehmer die Einleitung eines Gewerbeuntersagungsverfahrens durch das zuständige Regierungspräsidium Darmstadt zur Folge haben, weil angenommen wird, dass das Gewerbe nicht zuverlässig ausgeübt wird.
Gründe für die Unzuverlässigkeit können sein:
- Missachtung steuerrechtlicher Pflichten, z. B. Steuererklärungen werden nicht oder ständig verspätet eingereicht und/oder Zahlungen an das Finanzamt werden nicht oder ständig verspätet getätigt.
- Missachtung sozialversicherungspflichtiger Pflichten, z. B. Sozialversicherungsbeiträge werden nicht oder ständig verspätet abgeführt.
- Begehung von Straftaten oder Ordnungswidrigkeiten, die im Zusammenhang mit einer Gewerbeausübung stehen oder Auswirkung auf eine Gewerbetätigkeit haben könnten wie bspw. Verurteilungen wegen Erpressung, Betruges, Untreue, etc.
- Die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit fehlt, d. h. die für die Gewerbeausübung notwendigen finanziellen Mittel sind nicht vorhanden. Indiz dafür sind beispielsweise Eintragungen in das vom Vollstreckungsgericht zu führende Verzeichnis, erfolglose Vollstreckungsversuche, Fehlen der für eine ordnungsgemäße Gewerbeausübung erforderlichen Geldmittel.
Verfahren
Als unzuverlässig im Sinne der Gewerbeordnung (GewO) gelten Gewerbetreibende, wenn sie im Gesamteindruck des Verhaltens nicht willens und in der Lage sind, zukünftig die im öffentlichen Interesse zu fordernde einwandfreie Führung des Gewerbes zu gewährleisten. Davon können zum Beispiel auch eine GmbH und deren Geschäftsführerin bzw. Geschäftsführer betroffen sein.
Zum Schutz der Allgemeinheit und der im Betrieb Beschäftigten kann das zuständige Regierungspräsidium, hier Darmstadt, bei Bekanntwerden von Unzuverlässigkeitsgründen die Erforderlichkeit einer Untersagung der Gewerbetätigkeit prüfen und in begründeten Fällen ein Untersagungsverfahren einleiten.
Die Gewerbeuntersagung kann sich auf folgende Bereiche erstrecken:
- jede gewerbliche Tätigkeit
- die Tätigkeit als Geschäftsführer oder Betriebsleiter
- bestimmte ausgeübte Gewerbe
- die Beschäftigung sozialversicherungspflichtiger Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer
Den Unternehmern/Gewerbetreibenden wird die Einleitung des Gewerbeuntersagungsverfahrens schriftlich auf postalischem Wege durch das Regierungspräsidium mitgeteilt. Innerhalb einer Frist von zwei Wochen ab Zustellung des Schreibens besteht Gelegenheit, sich zum Sachverhalt zu äußern. Weiterhin haben sie das Recht auf mündliche Verhandlung zur Sache in der Behörde.
Hinweis: Bei der Einleitung eines Untersagungsverfahrens handelt es sich noch nicht um die Untersagung der Gewerbetätigkeit. Deshalb sollten Sie die Situation unbedingt ernst nehmen und reagieren – schriftlich oder mündlich bei uns als Ihre IHK oder dem Regierungspräsidium Darmstadt!
Mitwirkung der IHK Offenbach
Die IHK soll vor der Untersagung einer Gewerbeausübung durch das zuständige Regierungspräsidium angehört.
Zur Beurteilung des Sachverhaltes erhalten wir von dort die notwendigen Unterlagen. Nach Eingang schreiben wir Sie an und bieten Ihnen ein persönliches Gespräch zur Erörterung der Angelegenheit mit uns an. Idealerweise besprechen wir gemeinsam, welche Maßnahmen von Ihnen für eine mögliche Abwendung der Untersagung eingeleitet werden müssten. Sollte kein Gespräch zustande kommen, nutzen wir die vorhandenen Unterlagen zur Beurteilung. Im Anschluss äußern wir uns gegenüber dem Regierungspräsidium mit einer Prognose. Alle Angaben werden selbstverständlich vertrauensvoll behandelt.
Wenn keine Kontaktaufnahme erfolgt, nehmen wir nach Aktenlage Stellung.
Da eine Gewerbeuntersagung einen schwerwiegenden Eingriff in die persönliche Situation eines Menschen bedeutet, sollten Betroffene frühzeitig mit dem Ordnungsamt oder dem zuständigen Gesprächspartner in unserem Hause Kontakt aufnehmen.
Hinweis: Wir sind in dieser schwierigen Phase für Sie da und bieten im Rahmen unserer Möglichkeiten Unterstützung an.
Mitwirkung der Betroffenen
Um Schwierigkeiten zu vermeiden, empfehlen wir:
- Öffnen Sie unverzüglich Ihre Post, holen Sie niedergelegte Sendungen so schnell wie möglich bei der Post ab. Sorgen Sie auch bei Abwesenheit für die Entgegennahme und Bearbeitung der Post.
- Reagieren Sie unbedingt auf Schreiben öffentlicher Stellen, insbesondere wenn darin die Einleitung eines Gewerbeuntersagungsverfahrens angekündigt wird. Sie sollten schriftlich oder telefonisch innerhalb der genannten Frist mit dem zuständigen Bearbeiter Kontakt aufnehmen.
- Nehmen Sie mit dem Regierungspräsidium vereinbarte Gesprächstermine wahr / halten Sie getroffene Absprachen und Abgabefristen ein. Falls Sie hierzu nicht in der Lage sind, informieren Sie ihren Ansprechpartner in der Behörde unverzüglich, weshalb Ihnen dies nicht möglich ist und welche Alternativen Sie anbieten.
- Geben Sie dem Regierungspräsidium gegenüber vertraulich auch Auskunft über persönliche Schwierigkeiten, die zu Ihrer Situation beigetragen haben oder ausschlaggebend dafür waren.
- Sprechen Sie mit Ihren Gläubigern (Finanzamt, Berufsgenossenschaft, Krankenkassen). Signalisieren Sie Ihren Willen zur Tilgung der Schulden und versuchen Sie, Ratenzahlungen zu vereinbaren. Auch wenn Sie vielleicht Kommunikationsschwierigkeiten mit dem zuständigen Sachbearbeiter haben, suchen Sie weiterhin das Gespräch, möglicherweise mit einem anderen Mitarbeiter bzw. Vorgesetzten. Versuchen Sie, eine für Sie erfolgreiche Lösung herbeizuführen.
- Informieren Sie zeitnah das Ordnungsamt sowohl über positive als auch negative Ergebnisse Ihrer Gespräche mit den Gläubigern und belegen Sie diese, wenn möglich schriftlich.
- Werden Sie von sich aus aktiv!
- Behalten Sie den Überblick über von Ihnen abgegebene eidesstattliche Versicherungen bzw. Haftbefehle zur Erzwingung der Abgabe
Besonderheiten in der Insolvenz
Während eines Insolvenzverfahrens gibt es einen besonderen Schutz für das Gewerbe, welches aktuell bei der Stellung des Antrages auf Eröffnung eines Insolvenzverfahrens ausgeübt wird. Eine Gewerbeuntersagung darf wegen Unzuverlässigkeit des Gewerbetreibenden nicht durchgeführt werden, wenn die Unzuverlässigkeit allein mit ungeordneten Vermögensverhältnissen begründet wird. Damit soll der Zielsetzung des Insolvenzverfahrens, eine Sanierung des Betriebes zu ermöglichen, Rechnung getragen werden. Dieser Schutz gilt auch während der Zeit, in der Sicherungsmaßnahmen nach § 21 der Insolvenzordnung angeordnet sind, und während der Überwachung der Erfüllung eines Insolvenzplans (§ 260 Insolvenzordnung). Wird jedoch die selbstständige Tätigkeit des Gewerbetreibenden durch den Insolvenzverwalter freigegeben und treten danach erneut Außenstände bei Steuern, Sozialabgaben oder sonstigen öffentlichen Abgaben auf, kann das Gewerbeuntersagungsverfahren aufgrund der erneuten Schulden wieder durchgeführt werden.
Verfahrensende
Die Entscheidung über eine Untersagung treffen in Hessen die Regierungspräsidien. Ernsthafte ausreichende Bemühungen (wie z. B. der Abschluss von Ratenzahlungsvereinbarungen mit den Gläubigern, die Vorlage eines tragfähigen Sanierungsplans) können zur Aussetzung für einen angemessenen Zeitraum oder sogar Abwendung eines Verfahrens führen.
Sollten die Bemühungen nicht ausreichen oder die Schulden angestiegen sein, kann es sein, dass das Regierungspräsidium weiter von einer gewerberechtlichen Unzuverlässigkeit überzeugt ist.
Es erlässt nun einen Bescheid, durch den die Ausübung des Gewerbes untersagt wird.
Gegen diesen Bescheid kann Klage vor dem Verwaltungsgericht Darmstadt innerhalb eines Monats nach Zustellung eingereicht werden. Dies kann schriftlich erfolgen oder dort mündlich zu Protokoll gegeben werden. Im Falle der Anordnung des sofortigen Vollzugs, d. h., dass die Gewerbetätigkeit sofort eingestellt und das Gewerbe abgemeldet werden müssen, kann ebenfalls beim Verwaltungsgericht ein Antrag auf aufschiebende Wirkung gestellt werden.
Achtung:
Rechtsbehelfsbelehrung und Klagefrist beachten. Gegebenenfalls rechtlichen Rat einholen.
Wird gegen den Bescheid keine Klage eingereicht, ist nach Ablauf der Frist die Gewerbeuntersagung rechtskräftig, gilt bundesweit und Betroffene sind verpflichtet, die Gewerbetätigkeit unverzüglich einzustellen und abzumelden.
Über rechtskräftige Untersagungen erhalten das Gewerbezentralregister, die im Untersagungsverfahren mitwirkenden Gläubiger (z. B. Finanzamt, Krankenkassen) sowie andere Bezirksämter (sofern noch eine Gewerbetätigkeit in anderen Bezirken gemeldet ist) vom Ordnungsamt eine entsprechende Mitteilung.
Wiederaufnahme des Gewerbes
Frühestens nach einem Jahr (in Ausnahmefällen auch eher) kann ein Antrag auf Wiedergestattung der Ausübung der selbständigen Tätigkeit beim Regierungspräsidium gestellt werden.
Für eine erfolgreiche Antragstellung müssen Tatsachen vorliegen, die die Annahme rechtfertigen, dass eine Unzuverlässigkeit nicht mehr vorliegt (positive Zukunftsprognose).
Hinweis:
Beachten Sie, dass - auch nach mehreren Jahren ein Antrag auf Wiedergestattung der Gewerbeausübung beim Ordnungsamt gestellt werden muss, wenn Sie Ihr Gewerbe wieder aufnehmen möchten.
Bei der Beurteilung, ob die Voraussetzungen für eine erfolgreiche Antragsstellung gegeben sind, helfen wir Ihnen gerne.
Weitere hilfreiche Information zum Thema finden Sie unter
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