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Schiedsverfahren

Schiedsverfahren als Alternative zur staatlichen Gerichtsbarkeit

Durch eine Schiedsvereinbarung (Schiedsabrede oder Schiedsklausel) schließen die Parteien für Rechtsstreitigkeiten die staatliche Gerichtsbarkeit aus und einigen sich auf eine verbindliche und abschließende Entscheidung durch das (private) Schiedsgericht.

Vereinbarung

Die Schiedsvereinbarung muss nach den §§ 1029 ff. der Zivilprozessordnung (ZPO) erfolgen und kann bereits bei Vertragsabschluss, nachträglich zu einem bestimmten Vertrag oder auch erst für einen bereits konkret entstandenen Konflikt geschlossen werden.

Das Schiedsverfahren richtet sich grundsätzlich nach dem zehnten Buch der ZPO, soweit die Parteien keine anderen, individuell vereinbarten Regelungen (z. B. durch Wahl einer sog. Schiedsordnung) treffen oder es sich um einen Schiedsvertrag in Arbeitsstreitigkeiten handelt (vgl. §§ 101 ff. ArbGG). Zu berücksichtigende Verfahrensgarantien sind allerdings das Recht auf rechtliches Gehör und die Gleichbehandlung der Parteien (§ 1042 Abs. 1 ZPO). Nimmt man Bezug auf eine Verfahrensordnung einer Institution für Schiedsgerichtsbarkeit (z.B. die Schiedsgerichtsordnung der IHK zu Darmstadt), so gilt diese als vereinbart. Es ist jedoch auch möglich, dass Unternehmer eine Schiedsvereinbarung als Allgemeine Geschäftsbedingung in ihren Vertrag mit aufnehmen können.

Vorzüge, Eigenschaften und Folge einer Schiedsvereinbarung

Die Parteien können sich die Schiedsrichter selbst aussuchen. Hier besteht die Möglichkeit, Schiedsrichter zu wählen, welche eine besondere Sachkenntnis, Fach- und/oder Sprachkenntnisse, sowie sonstige relevante Erfahrungen für den Konflikt, besitzen. Dies können beispielsweise Rechtsanwälte, Sachverständige oder Wirtschaftsfachleute sein.  Ein weiterer Vorzug der Schiedsgerichtsbarkeit ist die Möglichkeit einer individuellen Gestaltung des Verfahrensablaufs, welche sich nicht an den engen Vorgaben der staatlichen Gerichte orientieren müssen. So können die Parteien beispielsweise auch die Verfahrenssprache(n) und den Verhandlungsort des Verfahrens festlegen.

Die Verhandlungen finden in der Regel unter Ausschluss der Öffentlichkeit statt und sind vertraulich. Dies führt bei den Parteien häufig zu einer höheren Vergleichsbereitschaft und deutlich kooperativeren Zusammenarbeit als in einem staatlichen Gerichtsverfahren, welches unter den Augen der Öffentlichkeit abgehalten wird.

Der Instanzenzug der Schiedsgerichtsbarkeit ist nach nur einer Instanz beendet. Dieser Umstand bringt erhebliche Kostenvorteile mit sich und führt häufig zu einem schnelleren Abschluss des Verfahrens bzw. Konflikts, da keine weitere Rechtsverfolgung mehr möglich ist.

Mit Beginn des schiedsrichterlichen Verfahrens setzt wie bei der Erhebung einer Klage die Hemmung der Verjährung der Ansprüche ein (§ 204 Abs. 1 Nr. 11 Bürgerliches Gesetzbuch). Die Hemmung beendet nicht die Verjährungsfrist, sondern bringt ihren Lauf lediglich zeitweise zum Stillstand oder verzögert ihren Beginn.

Gemäß § 1055 ZPO hat der Schiedsspruch unter den Parteien die Wirkungen eines rechtskräftigen gerichtlichen Urteils. Die Zwangsvollstreckung inländischer Schiedssprüche findet statt, wenn der Schiedsspruch für vollstreckbar erklärt wird (§ 1060 Abs. 1 ZPO).

International

Da das Schiedsgericht nicht in ein bestimmtes nationales Recht eingebunden ist, gilt eine Schiedsvereinbarung als neutrale Alternative, die dennoch eher konsensfähig ist als die der staatlichen Gerichte des einen oder des anderen Staates.

Schiedssprüche werden international in einem deutlich weiteren Umfang anerkannt als die Urteile staatlicher Gerichte (z. B. Anerkennung von ausländischen Schiedssprüchen auch in China und Russland – im Gegensatz zu Urteilen staatlicher Gerichte).

Der sogenannte „Schiedsspruch mit vereinbartem Wortlaut“ eröffnet die Möglichkeit, auch Vergleiche international durchzusetzen, wohingegen vor staatlichen Gerichten abgeschlossene Vergleiche außerhalb Europas praktisch gar nicht anerkannt werden. Die Vollstreckbarkeit von den in Handelssachen ergangenen Schiedssprüchen ist in ca. 160 Staaten völkerrechtlich durch die „New York Convention“ gesichert.

Institutionelle und ad-hoc-Verfahren

Sollten die Parteien in einer Region sitzen, bietet es sich für die Parteien an, sich auf die Anwendbarkeit der Schiedsordnung einer örtlichen Industrie- und Handelskammer zur Durchführung des Verfahrens zu einigen.

Formulierungsvorschlag für die vertragliche Vereinbarung (Schiedsklausel):„Alle Streitigkeiten, die sich im Zusammenhang mit dem Vertrag ……… (genaue Bezeichnung des Vertrages) oder über seine Gültigkeit ergeben, werden nach der Schiedsgerichtsordnung der Industrie- und Handelskammer ……… (Kammerbezirk) unter Ausschluss des ordentlichen Rechtsweges endgültig entschieden.“

Im Hinblick auf die Form ist gemäß § 1031 Abs. 5 ZPO zu beachten:

Bei Beteiligung eines Verbrauchers muss die Schiedsklausel in einer separaten Vereinbarung unterzeichnet werden, die keine weiteren Regelungen enthalten darf, mit Ausnahme von notariellen Urkunden.

Bei Sachverhalten innerhalb Deutschlands oder internationaler Sachverhalte bietet sich für die Durchführung des Verfahrens der Schiedsgerichtshof der Deutschen Industrie- und Handelskammer (DIHK) oder die Schiedsgerichtsbarkeit des Vereins „Deutsche Institution für Schiedsgerichtsbarkeit“ (DIS) an.

Auf internationaler Ebene könnte sich auch der International Chamber of Commerce (ICC) anbieten, welcher mit der ICC Germany auch in Deutschland vertreten ist.

Insofern sich die Parteien jedoch gegen ein institutionelles Verfahren entscheiden (ad-hoc-Verfahren, d.h. ohne Unterstützung einer Institution) können sich die Parteien beispielsweise auf die Anwendbarkeit der Schiedsgerichtsordnung der United Nations Commission on International Trade Law (UNCITRAL) einigen.

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