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BREXIT – Handlungsbedarf für britische Limiteds mit Verwaltungssitz in Deutschland?

Bislang werden britische Gesellschaften, wie z. B. Limited (private limited company) etc., die in Großbritannien gegründet wurden und hauptsächlich in Deutschland aktiv sind und in Deutschland ihren Verwaltungssitz haben, auf Basis der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs zur Niederlassungsfreiheit, als britische Rechtsform anerkannt. Ob dies auch nach dem Austritt aus der Europäischen Union (EU) so sein wird, ist derzeit noch offen – und abhängig unter anderem von den Verhandlungen zwischen dem Vereinigten Königreich und der EU. Bei Wegfall der Anerkennung würde die Zweigniederlassung einer Limited (mit Verwaltungssitz in Deutschland) dann als Personengesellschaft oder als Einzelunternehmen behandelt werden. Die beschränkte Haftung der Limited würde bei Weiterführung der Geschäfte im Ergebnis nicht mehr bestehen.

Noch ist nichts entschieden – die Austrittsverhandlungen des Vereinigten Königreichs (Großbritannien, Nordirland) mit der EU haben erst begonnen. Gleichwohl sollten sich nach britischem Recht gegründete Gesellschaften, insbesondere jene, die ihren Verwaltungssitz in Deutschland haben, mit möglichen Folgen des Austritts des Vereinigten Königreichs aus der Europäischen Union befassen und entsprechend vorbereiten. Verwaltungssitz ist der Ort, von dem aus ständig und tatsächlich die Geschäfte der Gesellschaft geführt werden.

Nachdem die Briten ihren Austritt aus der Union mitgeteilt haben, müssen nun im Rahmen eines Abkommens die Einzelheiten des Austritts verhandelt und der Rahmen für die künftigen Beziehungen zwischen dem Vereinigten Königreich und der EU geregelt werden. Denn die Europäischen Verträge und damit auch die Niederlassungsfreiheit, finden mit dem Inkrafttreten des Austrittsabkommens oder spätestens zwei Jahre nach der Mitteilung über den Austritt und damit ab dem 29. März 2019 keine Anwendung mehr, es sei denn, diese Frist wird verlängert.

Mögliche Handlungsoptionen

Eine Limited mit Satzungssitz im Vereinigten Königreich, die mit ihrem Verwaltungssitz in Deutschland eine Zweigniederlassung unterhält, hat bis zu dem Zeitpunkt, zu dem der Austritt wirksam wird, aus aktueller Sicht unter anderem folgende Möglichkeiten, die jeweils individuell geprüft werden sollten – und die einen entsprechenden zeitlichen Vorlauf in Anspruch nehmen:

Grenzüberschreitende Verschmelzung

Eine britische Limited kann mit einem deutschen Rechtsträger, z. B. einer GmbH, verschmelzen; dabei gehen die Rechte und Pflichten der Limited einschließlich der Zweigniederlassung auf die GmbH über (Gesamtrechtsnachfolge, vgl. aber Ausnahmen). Die grenzüberschreitende Verschmelzung ist in Deutschland gemäß §§ 122a ff. UmwG (vgl. dazu auch Richtlinie 2005/56/EG ) geregelt, im Vereinigten Königreich u. a. durch die Companies (Cross Border Mergers) Regulation 2007/2974, die für die Limited bei einer grenzüberschreitenden Verschmelzung Anwendung findet. Für größere Unternehmen sind dabei auch das Gesetz über die Mitbestimmung der Arbeitnehmer bei einer grenzüberschreitenden Verschmelzung (MgVG) bzw. die entsprechenden britischen Vorgaben zu berücksichtigen.

Aus § 122a ff. UmwG ergeben sich für die an der Verschmelzung beteiligte Gesellschaft deutschen Rechts grundsätzlich die folgenden wesentlichen Schritte:

  • Verschmelzungsplan mit Angaben
  • Einreichung beim Handelsregister und Bekanntmachung des notariell beurkundeten Verschmelzungsplans
  • Verschmelzungsbericht
  • Verschmelzungsprüfung
  • Notariell beurkundete Zustimmung der Anteilsinhaber (Gläubigerrechte vgl. britisches Recht)
  • Anmeldung der grenzüberschreitenden Verschmelzung bezogen auf die Limited beim britischen Register (Einhaltung der Vorgaben des britischen Rechts) – Register erstellt Verschmelzungsbescheinigung (darf NICHT älter als 6 Monate bei abschließender Prüfung der Verschmelzung durch das Handelsregister sein)
  • Anmeldung der Verschmelzung der deutschen Gesellschaft beim Handelsregister

Für die an der Verschmelzung beteiligte Limited sind die Vorgaben des britischen Rechts zu erfüllen. Insbesondere an eine grenzüberschreitende Verschmelzung sind verschiedene (Warte-) Fristen geknüpft, die das Verfahren in die Länge ziehen können. Ist ein Betriebsrat gebildet oder eine Arbeitnehmerbeteiligung erforderlich, müssen weitere Voraussetzungen erfüllt und ggf. noch mehr Zeit einkalkuliert werden.

Grenzüberschreitende Umwandlung

In den letzten Jahren haben deutsche Gerichte unter Berufung auf den Europäischen Gerichtshof auch grenzüberschreitende Umwandlungen/Sitzverlegungen von Gesellschaften aus verschiedenen Mitgliedstaaten nach Deutschland auf Antrag geprüft und dabei die §§ 190ff. UmwG in europarechtskonformer Auslegung entsprechend angewendet, soweit im Aufnahmeland eine tatsächliche Geschäftstätigkeit ausgeübt wird. Eine britische Limited könnte sich folglich in eine deutsche GmbH umwandeln, wenn sie die Gründungsvoraussetzungen der GmbH und die §§ 190 ff. UmwG bzw. die einschlägigen Voraussetzungen britischen Rechts erfüllt. Teilweise werden zusätzliche Voraussetzungen auf Basis der SE-Verordnung (EG) 2157/2001 für die Umwandlung verlangt. Mangels direkter gesetzlicher Regelungen für die grenzüberschreitende Umwandlung bestehen hier gewisse Unsicherheiten. Britische Anwälte raten mangels entsprechender Erfahrungswerte mit der grenzüberschreitenden Umwandlung auf britischer Seite in der Regel zu einer grenzüberschreitenden Verschmelzung, für die durch britische und deutsche Gesetze auf Basis einer EU-Richtlinie das Verfahren vorgegeben wird. Sollte eine grenzüberschreitende Umwandlung erwogen werden, so wird empfohlen, vorab Kontakt mit den britischen und deutschen Registerstellen bzw. einem deutschen Notar aufzunehmen und die praktische Umsetzung und die erforderlichen Unterlagen zu klären.

Umwandlung in eine Societas Europaea (SE) und spätere Sitzverlegung

Darüber hinaus könnte auch – für größere Unternehmen und in bestimmten Konstellationen – die Möglichkeit des Formwechsels in eine „britische“ SE (Stammkapital 120.000 EUR) und eine spätere Sitzverlegung der SE nach Deutschland in Betracht kommen. Hier würden vor allem die europäische SE-Verordnung (EG) 2157/2001, einschlägiges britisches Recht sowie die in britisches Recht umgesetzte SE-Richtlinie 2001/86/EG zur Beteiligung der Arbeitnehmer Anwendung finden. Allerdings ist eine Sitzverlegung anlässlich der Umwandlung von der SE-Verordnung (Art. 37 Abs. 3) nicht vorgesehen.

Einzelübertragung von Vermögensgegenständen/Rechten

Die Einzelübertragung von Rechten und/oder Vermögensgegenständen der Limited z. B. auf eine deutsche GmbH ist ebenfalls möglich, hier finden die §§ 433ff., 453 BGB Anwendung. Die Limited müsste im Anschluss in Großbritannien liquidiert werden.

Liquidation der Limited

Eine Liquidation der Limited im Vereinigten Königreich ist unter den Voraussetzungen des britischen Rechts möglich. Die Zweigniederlassung in Deutschland verliert mit Löschung der Limited im Register des Companies House ihre Rechtsfähigkeit und ist im Handelsregister zu löschen. Damit fällt auch die beschränkte Haftung weg. Etwaige noch vorhandene Vermögenswerte der Zweigniederlassung fallen der Restgesellschaft zu, die ihrerseits dann zu liquidieren ist.

Welche Regelungen gelten für Limited & Co. KG?

Hier greift die sogenannte „Sitztheorie“ des Bundesgerichtshofs (BGH), wonach sich das auf eine Gesellschaft anwendbare Gesellschaftsstatut nach dem Recht desjenigen Staates richtet, in dem die betroffene Gesellschaft ihren Verwaltungssitz mit Geschäftsleitung hat. Demnach ist in jedem Einzelfall zu prüfen, wie das Unternehmen aufgebaut ist und von welchem Ort aus es letztlich agiert, also seine unternehmerischen Entscheidungen trifft. Führt eine Ltd. & Co. KG von Deutschland aus ihre Geschäfte, liegt die Annahme nahe, dass die „Limited“ als Geschäftsführungsorgan der KG ihren Verwaltungssitz in Deutschland haben dürfte, eventuell einzig aus diesem Grund gegründet wurde. Dieser Schluss ist allerdings nicht zwingend. Der Unternehmer wird bei Bedarf von den Behörden aufgefordert, Nachweise für den Sitz seines Unternehmens vorzulegen, etwa die Tätigkeit der Limited in Großbritannien zu belegen. Ist dies der Fall, dann wird die Rechtsfähigkeit weiter nach britischen Recht anerkannt. Gründet diese Gesellschaft eine Zweigniederlassung in Deutschland, dann bleibt es bei der Anerkennung als britische Limited, soweit die Geschäftsleitung weiterhin im Vereinigten Königreich sitzt. Die deutsche Zweigniederlassung der britischen Limited mit Verwaltungssitz im Vereinigten Königreich ist nach § 13d HGB im Handelsregister am Ort der Zweigniederlassung eintragungspflichtig. 

FAZIT: Demnach ist es dem Unternehmer unbenommen, seine Geschäftstätigkeit entsprechend zu organisieren, um unerwünschten Rechtsfolgen, etwa einer drohenden Amtslöschung, rechtzeitig zu begegnen. 

Firmierung

Hinsichtlich der einzutragenden Firma beim Handelsregister müssen zudem die deutschen firmenrechtlichen Grundsätze beachtet werden, die von den britischen abweichen können. Die Industrie- und Handelskammern unterstützen bei Fragen zur Firmierung.

Umwandlungssteuerrecht

Der grenzüberschreitende Formwechsel/Umwandlung dürfte in der Regel steuerneutral möglich sein. Insbesondere bleiben steuerliche Verluste, wenn der Verwaltungssitz der Limited bereits vor Sitzverlegung in Deutschland war, erhalten, da bei einem grenzüberschreitenden Formwechsel aus steuerlicher Sicht keine Umwandlung i.S.d. UmwStG vollzogen wird. Nichts Anderes gilt für den Zinsvortrag mit Blick auf die Zinsschranke. Gesondert geprüft werden muss indes eine mögliche Entstrickungsbesteuerung im Vereinigten Königreich. Besondere Relevanz kommt dem bei der Überführung von Wirtschaftsgütern mit stillen Reserven aus der Betriebsstätte im Ausland nach Deutschland zu, da insoweit das Besteuerungsrecht des Sitzstaates erlischt. Bei in Deutschland belegenem Grundbesitz der Gesellschaft dürfte wegen der identitätswahrenden Sitzverlegung zudem kein Grunderwerbsteuertatbestand i.S.v. § 1 GrEStG ausgelöst werden.

Ähnlich verhält es sich in Bezug auf grenzüberschreitende Verschmelzungen. Auch insoweit ist die Möglichkeit der Buchwertfortführung im Einzelfall zu prüfen, um die Aufdeckung und Besteuerung stiller Reserven zu vermeiden. Bedeutung ist dem auch hier beizumessen, wenn Wirtschaftsgüter aus dem Vereinigten Königreich nach Deutschland verbracht werden oder nunmehr steuerlich der inländischen Betriebsstätte zuzuordnen sind bzw. vice versa (vgl. § 11 Abs. 2 UmwStG), was dazu führt, dass der jeweilige Wegzugstaat sein Besteuerungsrecht verliert.

Bei bestimmten Umstrukturierungsvorgängen ist hinsichtlich der Annahme von Steuerneutralität jedoch besondere Vorsicht geboten. So wird beispielsweise die Einbringung eines Unternehmens in eine Kapitalgesellschaft noch sieben Jahre nach dem Einbringungszeitpunkt unter die Bedingung gestellt, dass die erhaltenen Anteile nicht veräußert werden. Anderenfalls kommt es zu einer zeitanteiligen rückwirkenden Besteuerung. Problematisch ist dies deshalb, als einem schädlichen Verkauf der sperrfristbehafteten Anteile der Wegfall der EU-Ansässigkeit der einbringenden Gesellschaft – wie hier der Limited – gleichgestellt ist. Auch wenn der Gesetzgeber insoweit eher den Wegzug von Unternehmen im Blick hatte, droht auch im Fall der Beendigung der europäischen Rechtsträgereigenschaft das Eingreifen dieses Ersatzrealisationstatbestands.

Weitere Diskussionspunkte

In die individuelle Prüfung und Überlegung einzubeziehen, sind die Zahl der Gesellschafter, etwaige Gläubiger, Vertragspartner und ggf. mitbestimmungsrechtliche Konstellationen. Geprüft werden muss auch, ob gewerberechtliche Erlaubnisse etc. übergehen oder neu beantragt werden müssen.

Soweit eine britische Limited ihren Verwaltungssitz, also den Ort, von dem aus ständig und tatsächlich die Geschäfte der Gesellschaft geführt werden in das Vereinigte Königreich (zurück)verlegt, ist sie nach deutschem Recht auch nach dem Brexit weiterhin als britische Limited anzuerkennen.

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