Menü ausblenden

Grundzüge des (Regel-)Insolvenzverfahrens

1. Was sind die Ziele des Insolvenzverfahrens?

Für den Schuldner bietet das Insolvenzverfahren die Aussicht, schuldenfrei zu werden und dadurch die Möglichkeit eines Neuanfangs. Aus Gläubigersicht ist mit der Eröffnung eines Insolvenzverfahrens oftmals die Befürchtung verbunden, die eigenen Forderungen nicht mehr (vollständig) realisieren zu können. Dies hängt damit zusammen, dass das Insolvenzverfahren – anders als die Einzelzwangsvollstreckung – darauf gerichtet ist, grundsätzlich alle Gläubiger gleichermaßen zu befriedigen. Ein „Wettlauf unter den Gläubigern“ soll verhindert werden.

Die Insolvenzordnung (InsO) beschränkt sich aber nicht darauf, das Vermögen des Schuldners zur gemeinsamen Befriedigung der Gläubiger zu zerschlagen. Sie kennt vielmehr auch die Möglichkeit, Unternehmen durch Übertragung und Sanierung zu erhalten.

2. Wer kann überhaupt ein Insolvenzverfahren durchlaufen?

Ein Insolvenzverfahren kann über das Vermögen jeder natürlichen und jeder juristischen Person (juristische Personen sind beispielsweise die UG (haftungsbeschränkt), die GmbH und die AG, aber auch der Verein) eröffnet werden. Rechtsfähige Personengesellschaften (insbesondere oHG, KG und GbR) sind ebenfalls insolvenzfähig.

3. Welche Arten von Insolvenzverfahren gibt es?

Die Insolvenzordnung unterscheidet zwischen dem Verbraucher- und dem Regelinsolvenzverfahren. Eine Wahlmöglichkeit des Schuldners besteht nicht (vgl. § 304 InsO). Alle zum Zeitpunkt der Antragstellung Selbstständigen, unabhängig vom Umfang ihrer Tätigkeit, unterfallen dem Regelinsolvenzverfahren. Ehemals Selbstständigen ist das Verbraucherinsolvenzverfahren eröffnet, sofern die Vermögensverhältnisse überschaubar sind und keine Forderungen aus Arbeitsverhältnissen bestehen (s. hierzu auch Hinweise für Schuldner). Die Überschaubarkeit ist grundsätzlich nur dann gegeben, wenn der Schuldner zum Zeitpunkt der Antragsstellung maximal 19 Gläubiger hat. Zu Forderungen aus Arbeitsverhältnissen zählen insbesondere die Forderungen der Sozialversicherungsträger (zum Beispiel Krankenkassenbeiträge für Angestellte, Knappschaftsbeiträge und Lohnforderungen von Angestellten), der Finanzämter (Lohnsteuer) sowie der Berufsgenossenschaften.

4. Wann liegt ein Grund für die Eröffnung eines Insolvenzverfahrens vor?

Das Insolvenzverfahren kann auf Antrag des Schuldners oder eines Gläubigers nur dann eröffnet werden, wenn einer der folgenden Gründe vorliegt:

a) Zahlungsunfähigkeit (§ 17 InsO)

Zahlungsunfähigkeit liegt vor, wenn der Schuldner zum Zeitpunkt der Antragsstellung nicht mehr in der Lage ist, fällige Zahlungspflichten zu erfüllen. In der Regel ist dies anzunehmen, wenn der Schuldner seine Zahlungen eingestellt hat. Zur Bestimmung der Zahlungsunfähigkeit werden die zur Verfügung stehenden liquiden Mittel den fälligen Zahlungspflichten gegenübergestellt. Eine kurzfristige Stockung der Zahlungsfähigkeit begründet nicht die Zahlungsunfähigkeit. Diese ist vielmehr erst gegeben, wenn der Schuldner es nicht schafft, kurzfristig wieder für Liquidität zu sorgen. Zwar handelt es sich hierbei um eine Einzelfallbetrachtung, die Rechtsprechung hat jedoch Richtwerte entwickelt. Von einer Zahlungsunfähigkeit ist danach auszugehen, wenn der Schuldner 10 % oder mehr seiner fälligen Verbindlichkeiten aktuell und mit den innerhalb von drei Wochen voraussichtlich zu generierenden Mitteln nicht bedienen kann.

b) Drohende Zahlungsunfähigkeit (§ 18 InsO)

Wenn der Schuldner selber die Eröffnung des Insolvenzverfahrens beantragt, ist bereits die drohende Zahlungsunfähigkeit ein Eröffnungsgrund. Diese ist gegeben, wenn der Schuldner voraussichtlich nicht in der Lage sein wird, die bestehenden Zahlungspflichten im Zeitpunkt der Fälligkeit zu erfüllen. In der Regel wird dabei ein Prognosezeitraum von 24 Monaten zugrunde gelegt. Sinnvoll kann ein früher Insolvenzantrag wegen drohender Zahlungsunfähigkeit dann sein, wenn Sanierungschancen bestehen.

c) Überschuldung (§ 19 InsO)

Bei juristischen Personen sowie Gesellschaften ohne Rechtspersönlichkeit, bei der kein persönlich haftender Gesellschafter eine natürliche Person ist (zum Beispiel die GmbH & Co. KG) ist auch die Überschuldung ein Eröffnungsgrund. Überschuldung liegt vor, wenn das Vermögen des Schuldners die bestehenden Verbindlichkeiten nicht mehr deckt, es sei denn, die Fortführung des Unternehmens in den nächsten zwölf Monaten ist nach den Umständen überwiegend wahrscheinlich. Zur Feststellung der Überschuldung werden Aktiva und Passiva in einer – nicht mit der Handelsbilanz identischen – Überschuldungsbilanz gegenübergestellt.

Die Fortführungsprognose ist positiv, wenn eine Fortführung überwiegend wahrscheinlich ist, also wenn der Schuldner zur Fortführung bereit ist und mittelfristig keine Zahlungsunfähigkeit droht.

5. Wie wird das Insolvenzverfahren „in Gang“ gesetzt?

Das Regelinsolvenzverfahren beginnt mit dem schriftlichen Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens beim zuständigen Insolvenzgericht. Insolvenzgericht ist regelmäßig dasjenige Amtsgericht eines Landgerichtsbezirks, in dessen Bezirk das Landgericht seinen Sitz hat.

Die örtliche Zuständigkeit richtet sich nach dem allgemeinen Gerichtsstand des Schuldners. Liegt der Mittelpunkt der selbstständigen Tätigkeit an einem anderen Ort, ist ausschließlich das Insolvenzgericht zuständig, in dessen Bezirk der Ort liegt. Bei mehreren Standorten kommt es auf das Zentrum der unternehmerischen Tätigkeit an.
Der Antrag kann durch den Schuldner (Eigenantrag), aber auch durch jeden Gläubiger (Fremdantrag) gestellt werden. Bei juristischen Personen oder Gesellschaften ohne Rechtspersönlichkeit ist jedes Mitglied des Vertretungsorgans beziehungsweise jeder persönlich haftende Gesellschafter antragsberechtigt.

6. Was passiert, nachdem der Insolvenzantrag eingereicht wurde?

Im sogenannten Eröffnungsverfahren prüft das Gericht, ob der Antrag zulässig und begründet ist. Besondere Bedeutung haben dabei das Vorliegen eines Insolvenzgrundes sowie das Vorhandensein einer ausreichenden Vermögensmasse, um die Kosten des Insolvenzverfahrens (Gerichtskosten und Kosten für den Insolvenzverwalter) zu decken. Reicht die Vermögensmasse hierfür nicht aus, wird ein Insolvenzverfahren nur eröffnet, wenn sich jemand findet, der einen Kostenvorschuss in erforderlicher Höhe leistet oder wenn auf Antrag eine Stundung der Verfahrenskosten bewilligt wird. Die Möglichkeit der Verfahrenskostenstundung besteht nur für natürliche Personen.

7. Welche Maßnahmen kann das Gericht im Insolvenzeröffnungsverfahren anordnen?

Zwischen Antragsstellung und Eröffnung des Insolvenzverfahrens kann es bereits nötig sein, Maßnahmen zu ergreifen, um zu verhindern, dass einzelne Gläubiger versuchen, ihre Forderungen vor Verfahrenseröffnung gegen die anderen Gläubiger durchzusetzen. Zur Sicherung der späteren Insolvenzmasse und der gleichberechtigten Befriedigung aller Gläubiger, aber letztlich auch zur Sicherung einer etwaigen Fortführung des Unternehmens nach der Insolvenz, kann das Gericht insbesondere einen vorläufigen Insolvenzverwalter bestellen und diesen mit unterschiedlich weitreichenden Befugnissen ausstatten, dem Schuldner ein allgemeines Verfügungsverbot auferlegen oder auch Zwangsvollstreckungsmaßnahmen gegen den Schuldner untersagen. Zudem kann ein vorläufiger Gläubigerausschuss einberufen werden, bei großen Unternehmen ist dies gegebenenfalls sogar zwingend.

8. Welche Wirkungen hat die Eröffnung des Insolvenzverfahrens?

Bei Vorliegen der Eröffnungsvoraussetzungen ergeht ein gerichtlicher Eröffnungsbeschluss, in dem der Insolvenzverwalter bestellt und der Zeitpunkt der Verfahrenseröffnung festgelegt wird. Dieser wird unter www.insolvenzbekanntmachungen.de öffentlich bekannt gemacht und zusätzlich dem Schuldner, den gerichtsbekannten Gläubigern und den Schuldnern des Schuldners zugestellt. Wenn die Voraussetzungen nicht vorliegen, wird der Antrag abgelehnt. In diesem Fall werden eventuelle vorläufige Maßnahmen aufgehoben.

Der Schuldner verliert mit Verfahrenseröffnung das Verwaltungs- und Verfügungsrecht über das zur Insolvenzmasse gehörende Vermögen, welche auf den Insolvenzverwalter übergeht. Mit dem Begriff „Insolvenzmasse“ ist das gesamte Vermögen gemeint, das dem Schuldner zur Zeit der Eröffnung des Verfahrens gehört und das er während des Verfahrens erlangt. Der Insolvenzverwalter nimmt diese in Beschlag, übernimmt also die Verwaltung und gegebenenfalls die Verwertung des gesamten Massebestandes. Dem Schuldner, welcher eine natürliche Person ist, verbleibt ein beschlagfreies Vermögen zur Sicherung seines Lebensunterhalts. Dieses wird nicht Teil der Masse.

Zwangsvollstreckungen in die Masse sind verboten, außerdem wird eine Sicherung, die ein Gläubiger durch Zwangsvollstreckung in den drei Monaten vor Verfahrenseröffnung erlangt hat, unwirksam. Schuldner des Schuldners können nur noch an den Insolvenzverwalter leisten, um von ihrer Leistungspflicht befreit zu werden. Leisten sie trotz Kenntnis von der Verfahrenseröffnung an den Schuldner, kann der Insolvenzverwalter die Leistung noch einmal verlangen.

Die konkreten Umstände der Entstehung von Verbindlichkeiten (insbesondere ihr Entstehungszeitpunkt) entscheidet darüber, ob diese vom Insolvenzverfahren umfasst werden und welche Befriedigungsaussichten die Gläubiger letztlich haben (s. auch Frage 13). Neue Schulden, die der Schuldner nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens ohne Zutun des Insolvenzverwalters generiert, gehören nicht zu den sogenannten Insolvenzforderungen. Die (Neu-)Gläubiger solcher Forderungen können für ihre Forderungen in das beschlagfreie Vermögen des Schuldners vollstrecken, sofern es die allgemeinen Grenzen des Zwangsvollstreckungsrechts zulassen. Diese Forderungen sind auch nicht von einer eventuell später erfolgenden Restschuldbefreiung umfasst.

9. Wie wird der Insolvenzverwalter ausgewählt?

Grundsätzlich bestellt das Gericht nach seinem Dafürhalten Verwalter, die es für fähig zur Durchführung des Verfahrens hält (beispielsweise, weil die Person bereits Branchenkenntnis hat). Üblich ist, dass der vorläufige Insolvenzverwalter auch das eröffnete Verfahren übernimmt. Der Schuldner hat die Möglichkeit, Vorschläge zu unterbreiten, welchen das Gericht jedoch nicht Folge leisten muss. Die Gläubiger haben bei der Auswahl des Verwalters eine wesentlich bessere Position. Sie können im vorläufigen Verfahren einen Vorschlag unterbreiten, von dem das Gericht nur unter bestimmten Voraussetzungen abweichen darf (s. § 56a InsO) und den Insolvenzverwalter im bereits eröffneten Verfahren in der Gläubigerversammlung austauschen.

10. Was sind die Aufgaben des Insolvenzverwalters und welche Befugnisse hat er?

Der Insolvenzverwalter ist im Insolvenzverfahren die zentrale Figur. Von ihm hängt wesentlich der Erfolg des Insolvenzverfahrens ab. Seine Kernaufgabe ist es, durch Vergrößerung der Insolvenzmasse eine möglichst weitgehende Befriedigung der Gläubiger zu erreichen. Hierzu sind grundsätzlich zwei Wege denkbar: Das Unternehmen kann saniert und damit die Unternehmenskrise beendet werden oder das Vermögen kann verwertet und die Gläubiger aus den sich (etwaig) daraus ergebenden Überschüssen befriedigt werden.

Bei einer Verwertung ist es die Aufgabe des Insolvenzverwalters Gegenstände zu veräußern, offene Schulden einzutreiben und ggf. auch Zahlungen, die in der Krise geleistet wurden, wieder zurückzuholen (siehe Informationen unter » Insolvenzanfechtung). Dazu gehört auch, dass mögliche Ansprüche (beispielsweise gegen GmbH-Geschäftsführer) geprüft und gegebenenfalls durchgesetzt werden.

Zur Sicherung der Masse muss der Insolvenzverwalter auch bestehende Vertragsverhält-nisse auf den Prüfstand stellen. Diese werden durch die bloße Insolvenz in ihrem Bestand nicht beeinflusst. Bei Verträgen, die noch von keiner Seite (vollständig) erfüllt wurden, hat der Insolvenzverwalter ein Wahlrecht, ob er diese mit Mitteln der Insolvenzmasse erfüllen oder die Erfüllung ablehnen und die Vertragspartner damit letztlich zu Insolvenzgläubigern machen möchte. Bei bestimmten Dauerschuldverhältnissen (z.B. Miet- und Arbeitsverhältnisse) gibt es ein solches Wahlrecht nicht, hier ist eine Kündigung erforderlich, wobei die Insolvenzordnung besondere Kündigungsmöglichkeiten und -fristen vorsieht.

11. Was ist der Berichtstermin und welche Bedeutung hat er?

Bereits im Eröffnungsbeschluss wird der Termin für eine Gläubigerversammlung festgelegt, die auf der Grundlage eines Berichts des Insolvenzverwalters über den Fortgang des Insolvenzverfahrens entscheidet. Dieser sogenannte Berichtstermin stellt eine wichtige Weichenstellung dar: Der Insolvenzverwalter nimmt Stellung zu Sanierungsmöglichkeiten und es wird entschieden, ob der Betrieb vorläufig fortgeführt oder stillgelegt wird. Bis zu diesem Zeitpunkt muss der Insolvenzverwalter das Unternehmen im Regelfall fortführen.

12. Was passiert mit den Forderungen der Gläubiger während des Insolvenzverfahrens?

Gläubiger, die zum Zeitpunkt der Verfahrenseröffnung Forderungen gegen den Schuldner haben, müssen diese zur Tabelle anmelden, damit sie im Verfahren Berücksichtigung finden können. Die Tabelle wird vom Insolvenzverwalter geführt und ist im Verlauf des Verfahrens beim zuständigen Insolvenzgericht für die Beteiligten einsehbar. Für die Anmeldung kommt es nicht darauf an, ob die Forderung bereits fällig ist. Wenn eine andere Leistung als Geld Gegenstand der Forderung ist, wird ihr Geldwert geschätzt.

Der Insolvenzverwalter nimmt die angemeldeten Forderungen in die Insolvenztabelle, also in ein Forderungsverzeichnis, auf. Im Prüfungstermin (hierbei handelt es sich um eine besondere Gläubigerversammlung, die ebenfalls bereits im Eröffnungsbeschluss terminiert wird) werden die angemeldeten Forderungen ihrer Höhe und ihrem Rang nach geprüft.
Wenn Forderungen noch nicht ausreichend bewiesen sind, bestreitet sie der Verwalter. Dem kann der jeweilige Gläubiger wiederum mit weiteren Beweisen oder mit einer Klage entgegentreten.

13. Wie erfolgt die Verteilung des Vermögens?

Ein wichtiger Grundsatz des Insolvenzverfahrens ist die gleichmäßige Befriedigung der Gläubiger. Dies gilt jedoch nur für die sogenannten Insolvenzgläubiger. Dies sind alle Gläubiger, die zur Zeit der Eröffnung des Insolvenzverfahrens einen Vermögensanspruch (sogenannte Insolvenzforderung) gegen den Schuldner haben. Der Anspruch braucht zu diesem Zeitpunkt nur begründet, nicht aber fällig zu sein. Die Forderungen der Insolvenzgläubiger werden quotenmäßig aus der verbleibenden Insolvenzmasse bedient. Die Quote ergibt sich aus dem Verhältnis der noch vorhandenen Vermögenswerte zur Summe aller Verbindlichkeiten.

Das Insolvenzrecht sieht neben den Insolvenzgläubigern noch andere Arten von Gläubigern vor, die anders behandelt beziehungsweise bevorzugt befriedigt werden. Hierzu gehören die aus- und absonderungsberechtigten Gläubiger sowie die Massegläubiger.

Massegläubiger sind alle Gläubiger, deren Ansprüche erst durch oder nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens entstehen. Zu den Masseforderungen zählen beispielsweise der Vergütungsanspruch des Insolvenzverwalters oder die durch Fortführung der Geschäfte nach Insolvenzeröffnung entstandenen Forderungen. Solche Masseverbindlichkeiten werden, soweit es der Umfang der Insolvenzmasse zulässt, in voller Höhe befriedigt.

Besonders behandelt werden auch aussonderungs- und absonderungsberechtigte Gläubiger:

Aussonderungsberechtigte Gläubiger sind diejenigen Gläubiger, die einen Anspruch auf einen Gegenstand haben, der nicht zur Insolvenzmasse gehört, etwa Leasingfahrzeuge oder Waren, welche unter Eigentumsvorbehalt geliefert wurden. Diese Gläubiger können Herausgabe verlangen. Sie sind keine Insolvenzgläubiger und nehmen nicht am Insolvenzverfahren teil.

Absonderungsberechtigte Gläubiger sind diejenigen, welchen ein Verwertungsrecht zusteht. Dazu gehören Pfandrechte, Sicherheitsübereignungen oder auch Grundschulden und Hypotheken. Diese Gläubiger können ihr Sicherungsrecht weiterhin verfolgen. Sie haben keinen Herausgabeanspruch, jedoch ein Recht auf bevorzugte Befriedigung aus diesem Gegenstand (und damit aus dem Geld, das aus der Verwertung des Gegenstandes erlangt wurde) zur Tilgung ihrer Forderungen.

Das Gericht kann im Eröffnungsverfahren ein Verbot aussprechen, Gegenstände, die mit Aus- oder Absonderungsrechten belastet sind, an den Gläubiger zur Verwertung herauszugeben. Hintergrund ist, dass Gegenstände, die für die Unternehmensfortführung bedeutsam sind, im Interesse einer möglichen Fortführung bzw. Sanierung im Unternehmen verbleiben sollen.

Daneben gibt es auch Forderungen, die nur noch bedient werden, wenn nach Befriedigung aller anderen Gläubiger noch etwas von der Insolvenzmasse übrig ist, was in der Praxis selten vorkommt. Zu diesen nachrangigen Insolvenzforderungen zählen beispielsweise die seit der Insolvenzeröffnung laufenden Zinsen oder die Kosten der Gläubiger für die Teilnahme am Verfahren.

14. Was sind Gläubigerversammlung und Gläubigerausschuss?

Gläubigerversammlung, vorläufiger Gläubigerausschuss und Gläubigerausschuss sind Gremien, in denen die Gläubiger Einfluss auf das Verfahren nehmen können. Je nach Größe und Komplexität des Verfahrens kann die Ausgestaltung sehr unterschiedlich sein, die Durchführung mindestens einer Gläubigerversammlung ist jedoch verpflichtend. Diese wird im Eröffnungsbeschluss terminiert. Die Gläubigerversammlung ist an den wichtigsten Weichenstellungen beteiligt und der Insolvenzverwalter ist ihr gegenüber rechenschaftspflichtig, sie kann daher als „Herrin des Verfahrens“ bezeichnet werden. Berichtstermin und Prüfungstermin sind zwei wichtige Verfahrenseckpunkte, die beide Gläubigerversammlungen darstellen. In einfach gelagerten Fällen können beide zusammenfallen. Teilnahmeberechtigt sind alle absonderungsberechtigten Gläubiger, Insolvenzgläubiger, der Insolvenzverwalter, die Mitglieder des Gläubigerausschusses und der Schuldner.

Der vorläufige Gläubigerausschuss (vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens durch das Gericht eingesetzt) und der Gläubigerausschuss (nach Verfahrenseröffnung durch die Gläubigerversammlung eingesetzt) sind nicht in allen Insolvenzverfahren zwingend. Durch den Gläubigerausschuss soll sichergestellt werden, dass die Gläubiger auch bei eiligen oder komplexen Sachfragen beteiligt werden. Zu den wichtigsten Aufgaben des Gläubigerausschusses gehören die Unterstützung und Überwachung des Insolvenzverwalters, der vorläufige Gläubigerausschuss kann einen großen Einfluss auf die Auswahl des Insolvenzverwalters nehmen.

15. Wie endet das Insolvenzverfahren?

Das Insolvenzverfahren endet mit dem Aufhebungsbeschluss, der die Wirkungen des Insolvenzverfahrens entfallen lässt. Dies führt insbesondere dazu, dass die Insolvenzgläubiger ihre restlichen Forderungen wieder unbeschränkt gegen den Schuldner geltend machen können, sofern diese nicht von einer etwaigen Restschuldbefreiung umfasst sind. Der Aufhebungsbeschluss wird öffentlich bekannt gegeben.

Wichtige Eckpunkte vor Verfahrensaufhebung sind die Schlussverteilung, in der der Erlös der Masseverwertung verteilt wird und der Schlusstermin. Dabei handelt es sich um eine Gläubigerversammlung, in der letzte Einwendungen geltend gemacht werden können.

16. Welche Auswirkungen hat das Insolvenzverfahren auf die Existenz von Gesellschaften?

Bei Personengesellschaften und bei juristischen Personen führt die Eröffnung des Insolvenzverfahrens zu deren Auflösung. Bei juristischen Personen und solchen Personengesellschaften, bei der kein persönlich haftender Gesellschafter eine natürliche Person ist, sind darüber hinaus auch die Ablehnung der Verfahrenseröffnung mangels Masse sowie die Löschung wegen Vermögenslosigkeit nach § 394 FamFG durch die Registergerichte Auflösungsgründe. Die Auflösung ist grundsätzlich nicht mit der Beendigung gleichzusetzen, sondern stellt nur den Einstieg in das auf Beendigung gerichtete Verfahren dar.

17. Was passiert mit den Forderungen nach Verfahrensende?

Grundsätzlich können Gläubiger ihre (noch übrigen) Forderungen gegen natürliche Personen nach Beendigung des Insolvenzverfahrens wieder uneingeschränkt geltend machen. Dies wird jedoch durch die Regelungen über das Restschuldbefreiungsverfahren eingeschränkt. Sobald einer natürlichen Person Restschuldbefreiung erteilt wurde, wirkt sie gegen alle Insolvenzgläubiger, also auch gegen diejenigen, die ihre Forderung nicht angemeldet haben. Hiervon nicht betroffen sind Forderungen, die erst nach Insolvenzeröffnung vom Schuldner begründet worden sind. Außerdem gibt es Verbindlichkeiten, die wegen ihres Entstehungsgrundes nicht von der Restschuldbefreiung umfasst sind (genauere Informationen zur Restschuldbefreiung siehe „Insolvenzrecht II – Hinweise für Schuldner“).

Juristische Personen und Personengesellschaften können keine Restschuldbefreiung erlangen (hiervon zu unterscheiden ist aber die Restschuldbefreiung eines Gesellschafters im Rahmen eines eigenen Insolvenzverfahrens). Daher bestehen die Forderungen grundsätzlich in der Höhe fort, in er sie durch die Schlussverteilung nicht befriedigt wurden. Jedoch existieren Gesellschaften nach ihrer Auflösung durch die Insolvenzeröffnung nur noch für den Insolvenzzweck fort, das Insolvenzverfahren tritt an die Stelle der Liquidation und mündet letztlich in der Beendigung. Nach dem Insolvenzverfahren erfolgt die Löschung aus dem Handelsregister, sodass auch juristische Personen aufhören, zu existieren (wenn Unternehmen in der Insolvenz in Folge einer übertragenden Sanierung verkauft werden, werden hierfür in der Regel neue Gesellschaften gegründet, ohne dass diese Rechtsnachfolger der insolventen Unternehmen sind).

18. Wie lässt sich der Ablauf des Insolvenzverfahrens zusammenfassen?

Lesen Sie weiter! Hier haben wir für Sie weitere Links zum Thema

IHK Offenbach am Main
Industrie- und Handelskammer
Offenbach am Main
Frankfurter Straße 90
63067 Offenbach am Main

Geschäftszeiten

Mo.-Do.: 08:00 - 17:00 Uhr
Freitags: 08:00 - 15:00 Uhr

+49 69 8207 0