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Abmahnung - was nun?
Verstöße gegen Wettbewerbsregeln sind keine Seltenheit. Sie geschehen häufig gezielt in der Absicht, sich einen Wettbewerbsvorsprung zu verschaffen, aber genau so häufig aus Unwissenheit oder Unachtsamkeit. In den wenigsten Fällen greifen dann staatliche Stellen ein, vielmehr obliegt es der Wirtschaft selbst, sich gegen unlautere Werbemethoden zu wehren. Die Abmahnung ist in der Regel die erste Maßnahme, um eine Wettbewerbsverletzung zu unterbinden.
Tipps für den Umgang mit wettbewerbsrechtlichen Abmahnungen
Eine typische Abmahnung hat üblicherweise folgenden Inhalt:
- Eine kurze Beschreibung des zugrunde liegenden Sachverhalts und die Begründung des sich daraus ergebenden Wettbewerbsverstoßes.
- Der Abgemahnte wird aufgefordert, das rechtsverletzende Verhalten künftig zu unterlassen und darüber eine Unterlassungserklärung abzugeben.
- Mit der Unterlassungserklärung soll der Abgemahnte sich oft verpflichten, bei einer Wiederholung eine Vertragsstrafe zu zahlen.
- Für den Fall, dass die verlangte Erklärung nicht innerhalb einer bestimmten, oft sehr kurzen Frist unterzeichnet wird, werden gerichtliche Schritte angedroht.
- Zudem soll der Abgemahnte die Kosten der Abmahnung begleichen, eine Kostenaufstellung mit Zahlungsfrist liegt dem Schreiben in aller Regel bereits bei.
§ 13 Abs. 2 UWG n.F. enthält einen genauen Katalog der formellen Angaben, die der Abmahnende beifügen muss.
Mit der Abgabe der Unterlassungserklärung kann der Abgemahnte vermeiden, dass der Abmahnende den vermeintlichen Unterlassungsanspruch gerichtlich geltend macht. Wer die Abgabe verweigert, muss damit rechnen, dass der Abmahner gerichtliche Schritte einleitet. Damit der Wettbewerbsverstoß schnell ausgeräumt werden kann, räumt das Gesetz dem Berechtigten das Recht ein, gegen den Wettbewerbsverletzer vor Gericht eine einstweilige Verfügung zu erwirken. Der Abmahner kann daneben aber auch die bei der Industrie- und Handelskammer eingerichtete Einigungsstelle anrufen.
Bei vielen abgemahnten Unternehmern herrscht häufig der Glaube vor, dass es sich bei der Abmahnung um eine Form modernen Raubrittertums handelt. Diese Auffassung ist nicht richtig. Mit der Möglichkeit, dass bestimmte Stellen und Personen wettbewerbsrechtliche Verstöße auf zivilrechtlichem Wege verfolgen dürfen, hat der Gesetzgeber das Instrument einer Selbstreinigung innerhalb der Wirtschaft geschaffen. Es soll also nicht – wie in anderen Rechtsbereichen – eine Ordnungsbehörde eingreifen, sondern Unternehmer und Verbraucher sollen selbst den Wettbewerb beobachten.
Leider wird das legitime Mittel der Abmahnung aber immer wieder auch missbraucht, indem Abmahner den Unterlassungsanspruch nur deshalb geltend machen, um Abmahnkosten zu verlangen. Dies geschieht beispielsweise bei sog. Serien-Abmahnungen, d.h., dass von einem Versender viele Abmahnungen mit gleichem Inhalt an unterschiedliche Unternehmen gesendet werden. Dem ist der Gesetzgeber inzwischen mit dem „Gesetz zur Stärkung des fairen Wettbewerbs“ (umgangssprachlich auch „Gesetz gegen Abmahnmissbrauch“) mit Geltung ab dem 02.12.2020 entgegengetreten. Das Ziel ist es die Möglichkeit zu kostenpflichtigen Abmahnungen insbesondere unter Mitbewerbern im Online-Handel zu beschränken.
Was ist zu tun, wenn man eine Abmahnung erhalten hat?
Das Schreiben nicht zu beachten ist ebenso falsch wie die übereilte und ungeprüfte Abgabe der geforderten Unterlassungserklärung! In jedem Fall sollte eine schnelle Reaktion erfolgen. Die Frist, innerhalb derer die Erklärung abgegeben werden soll, beträgt häufig nur wenige Tage (i.d.R. 5 - 14) - nicht viel Zeit, um die Abmahnung in aller Ruhe auf ihre Rechtmäßigkeit zu überprüfen.
Eine Abmahnung darf nie auf die leichte Schulter genommen werden, da sie weitreichende Konsequenzen nach sich ziehen kann! Der Abgemahnte sollte innerhalb der gesetzten Frist reagieren, da sonst der Erlass einer einstweiligen Verfügung bei hohem Streitwert droht (50.000 bis 100.000 Euro sind keine Seltenheit). Mit dem einstweiligen Verfügungsverfahren könnte das Gericht ohne mündliche Verhandlung innerhalb weniger Tage entscheiden und den Verantwortlichen zur Unterlassung verurteilen. Nur selten lassen sich die Abmahnenden auf eine Fristverlängerung zur weiteren Prüfung ein. Im Zweifel sollte man sich daher schnellstmöglich bei der Industrie- und Handelskammer bzw. Handwerkskammer, einem Berufsverband oder einem Fachanwalt Rat zu dem weiteren Vorgehen einholen.
Was sollte geprüft werden?
Nach Erhalt der Abmahnung sollten insbesondere folgende Punkte geprüft werden:
- Ist der vom Abmahner dargestellte Sachverhalt tatsächlich korrekt?
- Liegt rechtlich ein Wettbewerbsverstoß vor?
- Ist der Absender berechtigt, eine Abmahnung auszusprechen?
Einen wettbewerbsrechtlichen Anspruch können nur Wettbewerber, Wettbewerbs- und Verbraucherschutzverbände sowie Industrie- und Handelskammern und Handwerkskammern geltend machen. Die missbräuchliche Geltendmachung des Unterlassungsanspruchs ist nicht zulässig. Erkundigungen hierzu können bei Ihrer IHK eingeholt werden, der oft bereits Informationen über Serienabmahner oder sonstige unseriöse Abmahner und Abmahnvereine vorliegen. Zudem können Sie die Liste der abmahnberechtigten Wirtschaftsverbände selbst einsehen. Seit Dezember 2021 dürfen nur noch solche Wirtschaftsverbände wettbewerbsrechtliche Abmahnungen aussprechen, die auf einer entsprechenden Liste beim Bundesamt für Justiz geführt werden.
- Ist die Unterlassungserklärung hinsichtlich der Angaben des Unterlassungsversprechens und der Vertragsstrafe richtig formuliert?
Nach der Regelung des § 13a Abs. 2 UWG ist die Vereinbarung einer Vertragsstrafe für Mitbewerber bei einer erstmaligen Abmahnung bei Verstößen gegen Informations- und Kennzeichnungspflichten im elektronischen Geschäftsverkehr oder in Telemedien gemäß § 13 Abs. 4 ausgeschlossen, wenn der Abgemahnte in der Regel weniger als 100 Mitarbeiter beschäftigt. § 13 Abs. 4 listet zudem die Voraussetzungen der Angaben in einer Abmahnung auf. Die Abmahnfähigkeit für Sachverhalte wegen irreführender Werbung, Verstößen gegen besondere Kennzeichnungspflichten für bestimmte Produkte oder Markenrecht und Urheberrecht bleiben nach wie vor möglich.
Hier kann es zu Unsicherheiten kommen, da die Vereinbarung einer angemessenen Vertragsstrafe, insbesondere bei Wiederholungsgefahr, immer noch zum Tragen kommt. Bei geringfügigen Verstößen und wenn das abgemahnte Unternehmen weniger als 100 Mitarbeiter hat, darf die Vertragsstrafe für Mitbewerber 1.000 Euro nicht überschreiten. Daher kann die rechtzeitige Inanspruchnahme eines Rechtsanwaltes angezeigt sein, um die Einordnung des Themas und die Planung der nächsten Schritte zu gewährleisten.
Abmahnberechtigte Wirtschaftsverbände sind von dieser Neuerung ausgenommen und dürfen angemessene Vertragsstrafen fordern.
- Entspricht die Kostennote den gesetzlichen Vorgaben?
So können Abmahnkosten von Mitbewerbern beispielsweise nicht mehr gefordert werden bei Verstößen gegen eine Pflicht zur Kennzeichnung und Information auf Webseiten, Social-Media-Profilen oder Webshops (z.B. das Impressum, die Widerrufsbelehrung, Informationen in Fernabsatzverträgen, klickbaren Links auf die OS-Plattform der EU-Kommission, den Vorschriften der Preisangabenverordnung). Dies gilt allerdings nicht für Warnhinweise (z.B bei Chemieprodukten, Spielzeugen, CE-Kennzeichnung). Auch Werbung muss weiterhin als solche gekennzeichnet sein.
Der Verstoß betrifft die DSGVO (im Internet dürfte hier am häufigsten die Datenschutzerklärung betroffen sein), sofern das Unternehmen nicht mehr als 250 Mitarbeiter beschäftigt.
Allerdings ist zu erwarten, dass die Rechtsprechung hier noch wegweisende Urteile sprechen wird, da gerade die Verbraucherrechte in der EU gerade deutlich verstärkt werden. Etwaige Widersprüche wird der Gesetzgeber wieder ausgleichen müssen. Bis dahin bleibt es bei dem hier erläuterten.
Achtung: Nur Mitbewerber sind nicht zur Kostenerstattung berechtigt. abmahnberechtigte Wirtschaftsverbände können nach wie vor eine Kostenerstattung geltend machen.
Wie kann auf eine Abmahnung reagiert werden?
Die Reaktion auf eine Abmahnung kann unterschiedlich aussehen:
Soweit der wettbewerbsrechtliche Verstoß im Einklang mit den Vorgaben und Ausschlüssen im Sinne der §§ 13, 13a UWG ist und tatsächlich stattgefunden hat, sollte die Unterlassungserklärung abgegeben werden. Der Wettbewerbsverletzer ist bei einer berechtigten Abmahnung auch verpflichtet, die zur Rechtsverfolgung notwendigen Kosten (z. B. Anwaltskosten) zu zahlen. Wettbewerbsvereine können nur einen Aufwendungsersatzanspruch geltend machen, der ca. 150 bis 300 Euro beträgt. Abmahnungen durch Rechtsanwälte sind in der Regel kostenträchtiger, da diese Gebühren nach dem Rechtsanwaltsvergütungsgesetz (RVG) berechnen dürfen.
Auch bei Vorliegen eines Wettbewerbsverstoßes ist der Abgemahnte nicht zwangsläufig verpflichtet, die vom Abmahner vorformulierte Erklärung zu verwenden. Abmahner neigen oft dazu, die Verpflichtung sehr weit zu formulieren. Tatsächlich muss sich der Verletzer aber nur verpflichten, den konkreten Verstoß für die Zukunft nicht zu wiederholen. Unter engen Voraussetzungen kann der Verletzer auch eine Aufbrauchsfrist verlangen, wenn die sofortige Unterlassung unverhältnismäßig große Nachteile verursachen und eine befristete Weiterbenutzung für den Verkehr keine unzumutbare Beeinträchtigung bedeuten würde.
Beachten Sie auch die Folgen der Abgabe einer Unterlassungserklärung. Ergreifen Sie Maßnahmen, eine künftige Wiederholung zu vermeiden, da andernfalls die Gefahr droht, die Vertragsstrafe zahlen zu müssen.
Bei später eingehenden Folgeabmahnungen sollte der Abgemahnte dem Versender mitteilen, dass er bereits eine Unterlassungserklärung abgegeben hat und möglichst eine Kopie übersenden.
Liegen Gründe vor, die Unterlassungserklärung nicht abzugeben (bspw. weil der Abmahnende nicht berechtigt ist oder kein wettbewerbsrechtlicher Verstoß vorliegt), sollte der Empfänger den Abmahnenden schnellstmöglich darüber aufklären, dass er die Erklärung nicht unterzeichnen wird. Schweigt der Abgemahnte, signalisiert er, dass er eine außergerichtliche Auseinandersetzung ablehnt und muss mit einer einstweiligen Verfügung bzw. einem Gerichtsverfahren rechnen.
Sollte eine Abmahnung auf eine – durch einen Druckfehler entstandene – wettbewerbswidrige Anzeige erfolgen, empfiehlt es sich, sofort den Abmahnenden anzuschreiben und eine Kopie des Anzeigenmanuskripts, die Reklamation bei der Zeitung und - soweit vorhanden - eine entsprechende Bestätigung der Zeitung beifügen.
Sofern zwar ein wettbewerbsrechtlicher Verstoß vorliegt, die Abmahnkosten aber zu hoch erscheinen, kann der Empfänger die Unterlassungserklärung entweder ohne die Verpflichtung zur Übernahme der Kosten abgeben. Oder er reduziert den Streitwert bzw. die Kostenpauschale. Es bleibt dann das Risiko, auf Kostenerstattung verklagt zu werden. Allerdings befindet sich der Abgemahnte bei einer Klage auf Kostenerstattung in einer wesentlich günstigeren Position, als in einem einstweiligen Verfügungsverfahren. Der Streitwert beruht hier nur auf den Abmahnkosten, ist also wesentlich geringer als der ursprüngliche Wettbewerbsstreitwert.
In Fällen, in denen ein Wettbewerbsverstoß zweifelhaft ist, kann auch der Abgemahnte die Einigungsstelle für Wettbewerbsstreitigkeiten bei der Industrie- und Handelskammer anrufen. Damit können Wettbewerbsstreitigkeiten kostengünstig beigelegt werden. Damit ist allerdings die Gefahr einer einstweiligen Verfügung nicht ausgeräumt. Der Abgemahnte sollte deshalb zumindest eine vorläufige Unterlassungserklärung abgeben, die bis zum Abschluss des Einigungsstellenverfahrens gültig ist.
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